Agrarstrukturelle Entwicklungsplanung

In den Jahren 2003/2004 hat die Stadt Fulda eine agrarstrukturelle Entwicklungsplanung für das Stadtgebiet erstellen lassen. Mit diesem Gutachten verfügt die Stadt Fulda über eine umfassende Dokumentation der Struktur, der Interessen und der Entwicklungspotentiale der Fuldaer Landwirtschaft. Damit ist es möglich, bei der räumlichen Planung die Belange der Landwirtschaft angemessen zu berücksichtigen.

Plan 1: Ausserlandwirtschaftliche Nutzungsansprüche an landwirtschaftliche Flächen

 

Der Plan stellt die wesentlichen außerlandwirtschaftlichen Nutzungsansprüche an landwirtschaftliche Flächen mit ihren Wirkungen auf die Landwirtschaft dar:

Geplante Siedlungserweiterungen haben den Verlust landwirtschaftlicher Flächen zur Folge. Mit dem Bau einer Westumgehung der Kernstadt ergeben sich Flächenverluste, Zerschneidungen größerer zusammenhängender Flächen und durch die Unterbrechung bisheriger Wegebeziehungen möglicherweise eine erschwerte Erreichbarkeit einzelner Nutzflächen.

Schutzgebiete nach Naturschutz- oder Wasserrecht sowie die Festsetzung als Kompensationsfläche gehen i.d.R. mit unterschiedlichen Auflagen für eine landwirtschaftliche Nutzung der betroffenen Flächen einher (z.B. Auflagen bezüglich Düngung, Schnitthäufigkeit).

Die im Nahbereich der Kernstadt und stadtnaher Ortsteile intensive Erholungsnutzung der Kulturlandschaft bringt Beeinträchtigungen der Nutzflächen durch Hundekot, Müll und Begehen der Flächen sowie Behinderungen des landwirtschaftlichen Verkehrs auf den Wirtschaftswegen mit sich.

Plan 2: Flächen mit besonderem Stellenwert für die Landwirtschaft

 

Grundlage der Darstellung sind die Standorteignungskarte (Standortkarte Hessen, Teilkarte „Natürliche Standorteignung für die landbauliche Nutzung“) und die im Rahmen der Vollerhebung der Betriebe gewonnenen Informationen (Nachfrage nach Pachtflächen; Bereitschaft zum Verkauf/Tausch von Flächen für Kompensationsmaßnahmen).

Angesichts der starken Nachfrage nach Pachtland ist davon auszugehen, dass zur Sicherung der in Fulda noch wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebe nicht nur die Flächen mit hohen Qualitäten für eine landwirtschaftliche Nutzung unverzichtbar sind, sondern dass auch Standorte mit mittlerer Eignung sowohl für die Acker- als auch für die Grünlandnutzung eine hohe Bedeutung haben.

Als Hilfestellung für stadtplanerische Abwägungen und Entscheidungen werden in der Karte unterschieden:

Flächen mit guter Ackereignung (A1)

Flächen mit guter Grünlandeignung (G1)

Flächen mit mittlerer Ackereignung (A2)

Flächen mit mittlerer Grünlandeignung (G2)

Die dargestellte Standorteignung benennt die Qualität der Standorte für eine aus landwirtschaftlicher Sicht optimale Nutzung. Die aktuelle Nutzung der Fläche kann davon abweichen. Kriterien für die Bewertung sind Bodeneigenschaften (Bodenzahl, Bodenart, Gründigkeit, Wasserhaushalt, Zustandsstufe), Relief und Lokalklima. Da die Darstellung aus einer im Maßstab wesentlich gröberen Grundlage abgeleitet wurde, ist die Karte nicht als parzellenscharfe Aussage zu verstehen.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Standorteignung bzw. die Bonität landwirtschaftlicher Flächen in Abwägungsprozessen nur einer unter mehreren zu berücksichtigen Faktoren ist. Solche Faktoren sind u.a. die Flächengröße, die Erreichbarkeit bzw. Entfernung von der Hofstelle oder die Lage in Relation zu anderen Betriebsflächen. In Abhängigkeit von der Struktur und dem Betriebskonzept des einzelnen Betriebes können diese anderen Faktoren die Bedeutung der Standorteignung bzw. Bonität als wertgebendes Kriterium überlagern und übertreffen. Beispielsweise ist das Kriterium „direkter Hofanschluss von Flächen“ für Vieh haltende Betriebe mit Weidegang von höherer Bedeutung als die Bonität der betreffenden Fläche. Demgegenüber hat dieses gleiche Kriterium für reine Ackerbaubetriebe bzw. für Ackerflächen nur eine untergeordnete Relevanz.

Plan 3: Ortsteile und landwirtschaftliche Hofstellen

 

Die Karte stellt die Hofstellen aller im Rahmen der Vollerhebung erfassten Betriebe sowie die von der Stadt geplanten Siedlungserweiterungen dar. Indem die Hofstellen dargestellt sind, ist eine Grundlage gegeben, um sie in Planungsprozessen im Sinne des Bestandsschutzes, der Betriebsentwicklung sowie der Konfliktvermeidung angemessen zu berücksichtigen.

Die Darstellung der Hofstellen unterscheidet nach die sozioökonomischen Betriebstypen Haupterwerb und Nebenerwerb. Sie differenziert nach Betrieben unter bzw. über 25 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Da die Tierhaltung bei planerischen Entscheidungen von Belang ist, werden durch Indizes wesentliche Bestände der Tierhaltung genannt. Werden mehr als zwei Tierarten in größerem Umfang gehalten, werden die zwei umfangreicheren genannt.

Die Darstellung unterscheidet:

Haupterwerbsbetriebe < 25 ha Betriebsfläche,

Haupterwerbsbetriebe > 25 ha Betriebsfläche,

Nebenerwerbsbetriebe < 25 ha Betriebsfläche,

Nebenerwerbsbetriebe >25 ha Betriebsfläche

Es bedeuten:

M: Milchviehhaltung (i.d.R. Milchkühe mit Nachzucht)

A: Ammen- oder Mutterkuhhaltung (i.d.R. Mutterkühe mit Nachzucht)

B: Bullen- oder Färsenmast

S: Schweinehaltung (Mast- oder / und Zuchtschweine)

P: Pferdehaltung

G: Geflügelhaltung

Als Untergrenze für die Nennung der Tierhaltung werden angesetzt: Bei Milchvieh, Bullenmast (inkl. Färsenmast), Mutterkühen, Schweinen und Pferden 5 Tiere, bei Geflügel 100 Tiere. Von den Befragten selbst als reine Hobbytierhaltung genannte Formen (Schafe und Ziegen) werden nicht genannt.

27 Betriebe haben sich aus unterschiedlichen Gründen nicht an der Vollerhebung beteiligt. Diese Betriebe sind in der Karte nicht dargestellt – ihre Belange sind im Zuge von Planverfahren ebenfalls zu prüfen.

Erläuterungen

Einführung

In der Landwirtschaft der Stadt Fulda vollzieht sich - wie in anderen Regionen auch - seit Jahrzehnten eine deutlicher Strukturwandel: Rückgang der Zahl der Betriebe, Vergrößerung und Spezialisierung der verbleibenden Betriebe, Zunahme des Pachtanteils u.a.m. Diese Veränderungen haben Auswirkungen auf die von der Landwirtschaft geprägte Kulturlandschaft sowie auf die Struktur und das Erscheinungsbild der dörflichen Stadtteile.

Gleichzeitig gibt es von Gesellschaft, Stadtplanung und verschiedenen anderen Fachbehörden vielfältige Ansprüche an die Kulturlandschaft, die sich direkt oder indirekt auf die weitere Entwicklung der Landwirtschaft auswirken.

Die Agrarstrukturelle Entwicklungsplanung (AEP) für das Stadtgebiet Fulda hat die Grundlagen dafür geschaffen, dass mögliche Auswirkungen städtischer Planungen auf die Landwirtschaft in Zukunft frühzeitig abgeschätzt und die Belange der Landwirtschaft angemessen berücksichtigt werden können.

Die vorliegende AEP basiert im Wesentlichen auf den Gesprächen mit (fast) allen in Fulda wirtschaftenden Landwirten sowie mit zahlreichen Personen aus den vor- und nachgelagerten Bereichen der Landwirtschaft, aus Verwaltung, Interessensvertretungen, Fortbildungseinrichtungen u.a.m. Außerdem wurden die aktuellen Planungsvorhaben und Planungsvorgaben der Stadt Fulda und übergeordneter Ebenen berücksichtigt. Spezielle Themen wurden in Arbeitskreisen intensiv diskutiert: „Landwirtschaft und Naturschutz“, „Naherholung und Wegebau“, „Landwirtschaftliches Bauen, Verkehr, Dorfentwicklung“, „Vermarktung“ und „Nachwachsende Rohstoffe“.

 

Zahlen und Fakten

Die Analyse der Agrarstruktur in Fulda lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

Bedeutung der Flächennutzung durch die Landwirtschaft: Die Landwirtschaft ist mit 45,8% die größte Flächennutzerin in Fulda.

Qualität des Standortes: Das Stadtgebiet zeichnet sich in weiten Teilen durch nährstoffreiche Böden aus, die gut für eine landwirtschaftliche, vor allem ackerbauliche Nutzung geeignet sind. In der Fuldaaue und den Seitentälern sind die Böden vor allem für Grünlandnutzung geeignet.

Strukturwandel: Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist auch in Fulda unverkennbar. Die Zahl der Betriebe ist in den letzten 20 Jahren von 350 um 60% auf rund 140 zurückgegangen.

Betriebstypen: In Fulda wirtschaften landwirtschaftliche Betriebe in sehr vielfältigen Betriebsformen. Sie lassen sich vereinfacht wie folgt titulieren: Unternehmen; große Betriebe; mittlere Betriebe; aktive Nebenerwerbsbetriebe; abstockende Nebenerwerbsbetriebe; Hobbybetriebe und „geparkte Betriebe“. Die Vielfalt beruht auf Größenunterschieden, Spezialisierung auf bestimmte Kulturen im Ackerbau oder in der Tierhaltung, unterschiedlichen Standortverhältnissen, Engagement in eher außerlandwirtschaftlichen Bereichen wie Direktvermarktung oder landwirtschaftliche Dienstleistungen und vielem anderen mehr.

Haupterwerb: Die Zahl der Haupterwerbsbetriebe ist rückläufig. In Fulda wirtschafteten rund 40 bis 50 Betriebe, die auch in Zukunft als Haupterwerbsbetriebe wirtschaften wollen. Sie haben entweder eine entsprechende Flächenausstattung und/oder erzielen ihr Einkommen über eine Spezialisierung in der Tierhaltung oder in der Direktvermarktung.

Nebenerwerb: Die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe (derzeit rund 80) ist zwar ebenfalls rückläufig. Doch werden diese Betriebe auch in Zukunft zahlenmäßig weiterhin den größeren Teil der Fuldaer Landwirtschaft bilden.

Flächendynamik: Das Wachstum der Betriebe vollzieht sich nahezu ausschließlich über die Pacht von Flächen. Der Kauf landwirtschaftlicher Flächen durch die Bauern ist vernachlässigbar gering. In den letzten 10 Jahren haben überhaupt nur 15 Betriebe ihre Eigentumsflächen vermehrt, davon 11 um weniger als 4 Hektar. Die heute noch wirtschaftenden Betriebe haben per Saldo in den letzten 10 Jahren sogar Fläche verloren. Einem Minus von insgesamt ca. 106 Hektar steht ein Plus an Eigentum von 83 Hektar gegenüber. Die Flächenverluste durch Umwidmung in nicht-landwirtschaftliche Nutzung sind nicht in vollem Umfang durch Zukauf anderer Flächen von aufgebenden Landwirten kompensiert worden. Dies führt dazu, dass die Landwirtschaft zunehmend weniger auf Eigenland produziert. Der Anteil der eigenen Flächen beträgt bei den Haupterwerbsbetrieben im Durchschnitt nur ein Drittel.

Hofnachfolge: Obwohl die Situation der Hofnachfolge in Fulda im Vergleich mit anderen Regionen erfreulich ist, gibt es auch hier Anzeichen für eine starke Unsicherheit innerhalb der Landwirtschaft. Von den potenziellen Hofnachfolgern machen nur 21% eine landwirtschaftliche Ausbildung.

Pachtmarkt: Insgesamt etwa die Hälfte aller Betriebe - darunter nahezu alle Haupterwerbsbetriebe - ist daran interessiert, weitere Flächen zu pachten. Von diesen Betrieben geben 87 Prozent an, dass es nicht leicht sei, Flächen zu pachten. Wesentliches Problem sei das fehlende Angebot.

Situation der Hofstellen: Die Hälfte der Hofstellen in Fulda befindet sich im Dorfkern. Nur wenige Höfe liegen im Außenbereich (12%); die übrigen liegen am Ortsrand. Die jeweilige Lage kann zu Einschränkungen bei der Bewirtschaftung führen. Rund 60% der Betriebe in Ortslage und 40% der Betriebe am Ortsrand geben an, dass die spezielle Lage des Hofes zu Einschränkungen bei der Bewirtschaftung führt (Verkehrsprobleme; Konflikte mit Nachbarn; begrenzte Möglichkeiten den Hof zu erweitern etc.)

Gebäude: Den Zustand ihrer Wohngebäude halten die Landwirte überwiegend für gut bis sehr gut. Auch ältere Gebäude sind in der Regel so renoviert, dass sie heutigen Standards entsprechen. Bei zwei Dritteln der Wirtschaftsgebäude wird der Zustand zwar als „sehr gut“ oder „gut“ bezeichnet, bei einem Drittel gibt es jedoch Mängel, so dass der Zustand als „mittel“ oder „schlecht“ bezeichnet wird. Leerstand von Wirtschaftsgebäuden betrifft ein Drittel der Betriebe. Der Leerstand wird weiter zunehmen. Bei Investitionen in neue Gebäude sind die Landwirte derzeit sehr zurückhaltend.

Landwirtschaftliches Wegenetz: Das landwirtschaftliche Wegenetz wird von mehr als der Hälfte der Landwirte als gut oder sehr gut bezeichnet. Kritik äußern die Landwirte nicht am Netz, sondern vor allem an der Unterhaltung der Feldwege. Eine ganze Reihe von Landwirten weist auf Probleme der innerörtlichen Verkehrsführung hin (Verkehrsberuhigung und enge, zugeparkte Dorfstraßen stehen im Widerspruch zum Größenwachstum landwirtschaftlicher Maschinen).

Überörtliche Verkehrslage: Mit steigender Betriebsgröße steigt die relative Entfernung von Hofstelle und bewirtschafteten Flächen. Da diese Entwicklung zunimmt, steigt das Verkehrsaufkommen landwirtschaftlicher Fahrzeuge auf Landstraßen. Die Zunahme an Verbindungsstraßen, die für landwirtschaftliche Fahrzeuge nicht zugelassen sind (Bundesstraßen) wird zum Problem.

Flächennutzung: In der Stadt Fulda werden etwa ein Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche als Grünland und drei Viertel als Ackerland genutzt. Im Vergleich zum Land Hessen (Verhältnis von 35:65) oder gar zum Landkreis Fulda (54:46) dominiert der Ackerbau. Dies ist der besonderen Standortqualität des Fuldaer Beckens zu verdanken. Beim Grünland wird ein beträchtlicher Anteil relativ extensiv genutzt. Rund 10% der Fläche, die von Fuldaer Landwirten bewirtschaftet wird, nehmen an einem hessischen Agrarumweltprogramm teil. Der Anteil ist sowohl im Vergleich zu Hessen als auch zum Bundesgebiet überdurchschnittlich hoch.

Viehhaltung: In Fulda halten 20 Betriebe gar keine Tiere. Das sind sowohl größere spezialisierte Ackerbaubetriebe als auch Nebenerwerbs- und Hobbybetriebe. Ein Drittel aller Höfe hat noch drei oder mehr verschiedene Betriebszweige in der Tierhaltung: Milchvieh, Bullenmast, Mutterkuhhaltung, Mastschweine, Zuchtsauen, Schafe, Geflügel oder auch Pferde. Ein großer Teil der Betriebe wirtschaftet also noch relativ vielseitig. Viele Tierbestände sind jedoch relativ klein. Auf der anderen Seite kristallisieren sich immer stärker wenige Betriebe heraus, auf die sich der wesentliche Teil der erzeugten Mengen konzentriert.

Vermarktung: Der überwiegende Teil der in Fulda von den Landwirten erzeugten Produkte wird über die üblichen Vertriebswege (Genossenschaften, Landhändler, Zuckerrübenfabrik etc.) vermarktet. Trotzdem gibt ein Drittel aller Betriebe an, Direktvermarktung zu betreiben. Dabei handelt es sich jedoch bei den meisten dieser Betriebe um eine eher nebenbei betriebene Direktvermarktung innerhalb sozialer Bezüge: Vermarktung von Kartoffeln, Eiern oder Fleischerzeugnissen als Produkte der Hausschlachtung an Nachbarn, Bekannte, Verwandte, Kollegen im Betrieb etc. Trotz der Nähe zur Stadt haben nur sehr wenige Betriebe eine professionelle Direktvermarktung aufgebaut.

Landwirtschaft und Gesellschaft: Die Landwirte gehen davon aus, dass das Bild von der Landwirtschaft in der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung heterogen und ambivalent ist. Auf Bauernmärkten, Tagen der offenen Tür oder wenn Kinder an Projekten wie z.B. „Bauernhof als Klassenzimmer“ teilnehmen, erleben viele Landwirte, dass die Vielfalt und Besonderheit ihrer Arbeit geschätzt wird. Auf der anderen Seite werden ihre Flächen durch das Verhalten von Erholungssuchenden, Hundebesitzern oder Freizeitsportlern beeinträchtigt und nicht selten ergeben sich Konflikte. Mehr als ein Drittel der Landwirte gibt an, dass ihre Flächen häufiger oder sehr häufig beeinträchtigt werden. Über häufige Konflikte klagt etwa ein Viertel aller Landwirte. Bezogen auf Kommunalpolitik und Stadtverwaltung hat die Hälfte aller Landwirte das Gefühl, ein schlechtes oder gar ein sehr schlechtes Ansehen zu genießen. Allerdings äußerten viele Landwirte die Hoffnung, dass die Erstellung einer Agrarstrukturellen Entwicklungsplanung in Fulda der Beginn einer Veränderung sein könnte.

Wirtschaftliche Situation und Perspektiven des Betriebes: Die eigene wirtschaftliche Lage beurteilt die Hälfte der Betriebe als mittelmäßig. Jeweils ein Viertel tendiert eher zu „gut“ oder zu „schlecht“. Insgesamt ist die Lage der Fuldaer Landwirte also nicht rosig. Wenn es um die Perspektiven des Betriebes geht, sind die Einschätzungen jedoch noch schlechter. Die wirtschaftlichen Probleme sind offensichtlich nicht der einzige Grund für die als schlecht bewertete Perspektive. Fehlende Hofnachfolge, das Gefühl von geringem Ansehen in der Gesellschaft, die Befürchtung sich weiter verschlechternder Rahmenbedingungen in der (Agrar)Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stellen zu müssen oder auch die alltäglichen Konflikte dürften zu dieser negativen Einschätzung beitragen.

 

Problemfelder

Außerlandwirtschaftliche Nutzungsansprüche

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Fulda hat in den letzten 20 Jahren um 745 Hektar (13,5%) abgenommen. Würden die jährlichen Flächenverluste in gleichen Größenordnungen fortgeschrieben, gäbe es innerhalb von nur 4 Generationen - in rund 120 Jahren - keine Äcker und Wiesen mehr.

Die Berücksichtigung der Belange der Landwirtschaft erfordert ein flächensparendes Flächenmanagement. Um die Flächenverluste durch Siedlung, Gewerbe und Straßenbau gering zu halten, sollte die Flächeninanspruchnahme begrenzt werden; u.a. durch flächensparendes Bauen, durch Innenentwicklung in den Dörfern sowie durch Flächenrecycling.

Die zusätzliche Flächeninanspruchnahme durch Kompensationsmaßnahmen sollte möglichst ohne weitere Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen erfolgen.

Die Bewirtschaftungsauflagen, die im Rahmen von Schutzgebieten (Naturschutz, Landschaftsschutz, FFH-Gebiete, Trinkwasserschutz u.a.m.) von den Landwirten eingehalten werden müssen, haben erhebliche Auswirkungen auf die Rentabilität. Die lokale Naturschutzkonzeption sollte weitgehend vorhandene Agrarumweltprogramme nutzen, damit den Landwirten für besondere Wirtschaftsformen einen Ausgleich für die Ertragsausfälle oder für den erhöhten Aufwand gezahlt werden kann.

Die Planungssicherheit der Betriebe sollte durch eine transparente Planung und bei Pachtverträgen mit der Stadt Fulda durch längerfristige Abschlüsse erhöht werden.

 

Landschaftspflege/Naturschutz

Ein sehr großer Teil der Landwirte ist nicht zu einer Kooperation mit der Stadt Fulda im Bereich des Naturschutzes bereit. Allerdings lassen die begleitenden Gespräche anlässlich der Vollerhebung die Schlussfolgerung zu, dass einige Landwirte bei anderen Rahmenbedingungen durchaus zur Kooperation bereit wären.

Um den Zielkonflikten zwischen Landwirtschaft und Naturschutz angemessen zu begegnen sind im Rahmen der Agrarstrukturellen Entwicklungsplanung „Leitlinien“ und „Planungshinweise“ für die Erarbeitung von Naturschutzkonzeptionen erstellt worden. Die „Leitlinien“ gehen insbesondere auf folgende Aspekte ein:

o    Prinzip der Freiwilligkeit

o    Frühzeitige Information und Beteiligung bei der Umsetzung von Maßnahmen

o    Berücksichtigung von Wirkungen auf benachbarte Flächen

o    Einheitliche Honorierung landschaftspflegerischer Leistungen

o    Härtefallregelungen

 

Die „Planungshinweise“ befassen sich mit den folgenden Themen:

o    Vermeidung von Nutzungseinschränkungen auf benachbarten Flächen

o    Absprachen sowie flexible Handhabung von Vereinbarungen

o    Erhalt bewirtschaftungsgerechter Parzellen

o    Sicherung der Pflege von Gehölzen

o    Einbindung von Landwirten in Pflegemaßnahmen

o    Anpflanzen von Gehölzen in der Feldflur

o    Erhalt von Zufahrtsmöglichkeiten

o    Entwicklung von Uferrandstreifen

o    Möglichst wenig landwirtschaftliche Nutzflächen in Anspruch nehmen

o    Maßnahmen außerhalb landwirtschaftlicher Nutzung

o    Maßnahmen im Bereich landwirtschaftlicher Flächen

 

Naturschutzkonzepte sollten die Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Wirtschaften landwirtschaftlicher Betriebe berücksichtigen; Bewirtschaftungsauflagen sollten auf die Betriebskonzepte der Landwirte abgestimmt sein.

Mit der Pflege von Naturschutzflächen sollten möglichst Landwirte beauftragt werden, damit diese die Möglichkeit erhalten, eine zusätzliche Einkommensquelle zu entwickeln.

Die zahlreichen divergierenden Interessen und Werthaltungen, die häufig begrenzte Transparenz aktueller Naturschutzkonzeptionen und -ziele sowie ein - aus Sicht vieler Landwirte - ungleiches Kräfteverhältnis zwischen Verwaltung/Politik und wirtschaftenden Landwirten erfordern ein integriertes Konzept „Grünlandbewirtschaftung“, welches von Landwirtschaft und Naturschutz gemeinsam entwickelt und getragen wird. Ein erster Schritt für ein solches Konzept könnte eine „Zukunftswerkstatt Grünlandwirtschaft“ sein.

 

Naherholung

Die Kulturlandschaft ist für einen großen Teil der Bevölkerung Erholungslandschaft. Das Freizeitverhalten führt jedoch immer wieder zu Konflikten zwischen Landwirten und Nicht-Landwirten. Erholungssuchende empfinden die Landwirte als Störfaktor, während die Landwirte sich in ihrer Arbeit behindert fühlen.

Der hohe Erholungsdruck in siedlungsnahen Gemarkungen erfordert eine Besucherlenkung sowie ein Angebot spezieller Flächen für die Naherholung (Randstreifen als Hundeklos, Picknickplätze etc.).

Konflikte auf landwirtschaftlichen Wegen können durch eine Reihe von technischen Möglichkeiten (von der Ausschilderung bis zur Trennung der „doppelt“ genutzten Wege) sowie durch Öffentlichkeitsarbeit verringert werden.

Als eine Form der Öffentlichkeitsarbeit sollte die Stadt Fulda in Zusammenarbeit mit geeigneten Kooperationspartnern in der Fuldaaue einen Agrarkulturpfad als landwirtschaftlichen Informationspfad einrichten.

Nahezu jeder Grünlandbetrieb in Fulda klagt über die Verschmutzung von Wiesen und Weiden durch Hundekot. Hundekot macht das Futter für die Nutztiere ungenießbar und birgt ein hohes Infektionsrisiko durch den für Rinder gefährlichen Hundebandwurm. Es ist dringend geboten durch Aufklärung, durch konsequentes Überwachen der Vorschriften (Leinenzwang, Entfernung von Kothaufen) sowie durch Angebote (spezielle Auslaufflächen, Hundeklos) das Problem zu verringern.

 

Verkehr

Bei der Siedlungs- und Verkehrsplanung ist darauf zu achten, dass das vorhandene landwirtschaftliche Wegenetz nicht zerschnitten und damit in seiner Funktion beeinträchtigt wird.

Das Feldwegenetz sollte kontinuierlich an die Anforderungen moderner Maschinen angepasst werden. Aber nicht alle Wege müssen ausgebaut werden. Sinnvoll ist das Erstellen eines Plans für ein begrenztes aber angemessenes Netz breiterer Wege.

Wegbegleitende Pflanzungen müssen regelmäßig freigeschnitten bzw. gepflegt werden. Die Pflege sollte den Landwirten angeboten werden, die die angrenzenden Flurstücke bewirtschaften.

Das allgemeine Straßennetz bekommt für die Landwirte eine immer größere Bedeutung. Die Ursachen sind vielfältig: wegen des notwendigen Flächenwachstums der Betriebe werden oft weit entfernte Flächen zugepachtet; das Netz der Zulieferer und Abnehmer wird immer dünner und viele Fahrten müssen die Landwirte selbst erledigen; landwirtschaftliche Lohnarbeiten (z.B. durch den Wasser- und Bodenverband) nehmen zu. Notwendig ist der Erhalt eines ausreichenden Straßennetzes, welches auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge nutzbar ist (landw. Fahrzeuge sind z.B. auf der B 27 nicht zugelassen).

Die Entwicklungen in der Landwirtschaft (tendenziell größere Maschinen) ist konträr zur Verkehrsplanung und -entwicklung in den Ortsteilen (Verkehrsberuhigung, Bau von Bürgersteigen, Zunahme von parkenden Pkws). Im Interesse einer Konfliktbegrenzung sollten bei Umbauplanungen an innerörtlichen Straßen oder bei der Planung von Siedlungserweiterungen die Belange des landwirtschaftlichen Verkehrs besonders berücksichtigt werden.

 

Dorfentwicklung

Der weit überwiegende Teil der im Stadtgebiet Fulda vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe liegt innerhalb oder am Rand der zur Stadt gehörigen Dörfer. Wirtschaftlicher Erfolg und längerfristige Entwicklungsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe sind maßgeblich an folgende Voraussetzungen gebunden: ausreichend große Hofstelle; ausreichende Immissionsschutzabstände zu betriebsfremder Wohnbebauung; möglichst gute Verbindungen zwischen der Hofstelle und den zum Hof gehörigen Flächen; ausreichende Flächenausstattung. Wenn stadtplanerische Entscheidungen landwirtschaftliche Betriebe nicht zusätzlich (zu den allgemeinen agrarpolitischen Rahmenbedingungen) belasten sollen, sind Unverträglichkeiten und potenziell daraus resultierende Konflikte in die Planungsüberlegungen einzubeziehen und Vorkehrungen zur Konfliktvermeidung oder -minderung zu treffen.

o    Immissionsschutzabstände zu tierhaltenden Betrieben einhalten

o    Erweiterungsabsichten berücksichtigen

o    Baurechtlicher Bestandsschutz

o    Siedlungserweiterungen konzentrieren, ringförmige Neubaugebiete um den Ortskern vermeiden

o    Verbindungen zwischen Hofarealen und Außenbereich erhalten

o    Ortsrandwege als Pufferzonen können Konflikte begrenzen; ggf. neu einrichten

o    Produktive Standorte schützen, hofnahes Grünland für Weidegang sichern

o    innerörtliche Baulücken schließen

o    Entwicklungskonzepte für einzelne Ortskerne erstellen

 

Als Folge der Strukturveränderungen in der Landwirtschaft stehen in fast allen Ortsteilen der Stadt Fulda ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude leer oder sie werden nur noch begrenzt genutzt. Die Tendenz ist steigend. Der Umfang des Leerstandes an landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäuden ist in den Ortsteilen sehr unterschiedlich.

Die Umnutzung eines alten Gebäudes oder Resthofareals stellt die jeweiligen Eigentümer vor vielfältige organisatorische, finanzielle und technische Probleme. Der Prozess der Umnutzung alter Hofareale ließe sich vereinfachen und beschleunigen, wenn die Eigentümer von Seiten der Stadt bei der Lösung ihrer Probleme unterstützt würden. Die Möglichkeiten einer solchen Unterstützung sind vielfältig:

o    Weitergabe von Informationen oder eine Art „Erstberatung“ zu spezifischen Fragen der Umnutzung alter Wirtschaftsgebäude

o    Herstellung von Kontakten zwischen Nutzungsinteressenten und Eigentümern

o    Information über Fördermöglichkeiten

o    Unterstützung/ Beratung bei der Beantragung von Fördermitteln

o    Beratung und Unterstützung von Grundstücksnachbarn bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen

o    Unterstützung bei der Umbauplanung

o    Einrichtung eines Resthofkatasters

o    Ortsteilmarketing

 

Versorgung und Vermarktung

Zulieferer und Abnehmer der Landwirtschaft unterliegen wie die Landwirtschaft einem Strukturwandel. Es besteht die Gefahr, dass das Netz der Zulieferbetriebe für die Fuldaer Landwirtschaft (Landmaschinenhandel, Landhandel) weiter ausdünnt. Im Bereich der abnehmenden Hand bestehen noch vergleichsweise gute Bedingungen. Die Stadt Fulda hat hier insgesamt wenig Einflussmöglichkeiten. Durch die Unterstützung des Marketings regionaler Produkte könnten jedoch zumindest die Interessen des lokalen Ernährungshandwerks unterstützt werden.

In Fulda ist Direktvermarktung nur für wenige Betriebe ein wesentliches ökonomisches Standbein. Um diesen Bereich stärker voran zu bringen sind Anstrengungen bei der Großküchenvermarktung (z.B. Zusammenstellung geeigneter und interessierter Großabnehmer) und bei der Gewinnung von Verbrauchern (z.B. Info-Broschüre Fuldaer Direktvermarkter) erforderlich.

Die Bauernmärkte sind in ihrer gegenwärtigen Form für die Marktbeschicker wenig attraktiv. Der Bauernmarkt in Ziehers-Nord ist Ende 2003 eingestellt worden. Eine Überarbeitung des Bauernmarktkonzeptes ist auch für den Standort an der Stadtpfarrkirche notwendig. Ein neues Bauernmarktkonzept sollte einhergehen mit einem städtischen Marketingkonzept für die Innenstadt, welches Landwirte und Märkte in seine Strategie einbindet.

 

Nachwachsende Rohstoffe

Viele Fuldaer Landwirte haben ihr Interesse an der Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energieträgern bekundet. Vor Ort ist bisher jedoch noch keine ausreichende Nachfrage und Infrastruktur entstanden, die einen entsprechenden Einstieg attraktiv erscheinen lässt. Wirtschaftsförderung und Standortmarketing sind hier gefordert, um Pioniere zu unterstützen.

Bei der Energielinie Holz sind Anbieter von Holzhackschnitzeln in der Region vorhanden. Die Nachfrage (Heizungen) muss jedoch forciert werden. Die Stadt Fulda könnte durch lokale Pilotprojekte in öffentlichen Gebäuden positive Beispiele geben. Auch die Einrichtung einer kommunalen Energieberatung für private Haushalte und Investoren könnte Impulse geben.

Bei der Energielinie Raps ist eine Rapsölmühle bereits im Landkreis vorhanden. Deren Einbindung in regionale Wirtschaftskreisläufe muss verbessert werden; beispielgebend könnte auch hier die Umrüstung von Fahrzeugen der Öffentlichen Hand sein.

 

Kommunikation mit der Stadt Fulda

Bei vielen Landwirten herrscht das Gefühl vor, dass sie unzureichend über Planungen der Stadt Fulda informiert sind und dass sie nicht ausreichend in Entscheidungen, die sie selbst betreffen, eingebunden werden. Dieses Gefühl betrifft insbesondere Bereiche, wo deutliche Interessenskonflikte herrschen (Flächenverbrauch auf Kosten der Landwirte, Naturschutzkonzepte mit Auswirkungen auf die Wirtschaftsformen).

Das Kommunikationsdefizit hat seine Ursache u.a. darin, dass für die vielfältigen Anliegen der Landwirtschaft (vom Stallbau bis zur Marktbeschickung, von der Pacht bis zur Heckenpflege) jeweils andere Ansprechpartner im Rathaus gesucht werden müssen. Viele Landwirte - aus früheren Zeiten gewohnt mit dem Ortsvorsteher einen zentralen Ansprechpartner zu besitzen - scheuen den Kontakt zum anonymeren Rathaus. Damit einher geht das Gefühl, die eigenen Anliegen nicht angemessen einbringen zu können.

Eine Übersicht über die verschiedenen Ansprechpartner, die allen Landwirten zur Verfügung gestellt wird, wurde von der Stadt bereits erstellt.

Unter „Naturschutz und Landschaftsplanung“ wurde bereits angeregt, dass von Landwirtschaft und Naturschutz gemeinsam ein Grünlandbewirtschaftungskonzept für Fulda erstellt werden könnte. Hier könnten Formen der Information, Kommunikation und Kooperation erprobt werden.

 

Öffentlichkeitsarbeit und Ausbildung

Viele Gespräche im Rahmen der AEP endeten mit dem Thema „Öffentlichkeitsarbeit“. Öffentlichkeitsarbeit scheint die letzte Hoffnung zu sein, wenn konkrete technische, organisatorische oder rechtliche Lösungen fehlen. Viele Landwirte sind überzeugt, dass zahlreiche Konflikte gar nicht erst entstehen würden, wenn das Verständnis für landwirtschaftliche Zusammenhänge in der Bevölkerung größer wäre.

Mangelndes Verständnis ist kein typisch Fuldaer Phänomen. In Fulda und überall in Deutschland hat die Landwirtschaft das Problem, dass die Bevölkerung nur noch wenig von der realen Arbeit auf den Höfen und von den Belangen der Landwirte weiß. Es ist daher ein Anliegen der Landwirte, dass die Stadt sie in ihrem Bemühen um Aufklärung unterstützt. Sei es bei der Pressearbeit („Hofberichterstattung“), sei es bei der Aufklärung in Kindergärten und Schulen („Bauernhof als Klassenzimmer“). Auch regionale Ausbildungsinitiativen („Ausbildungsverbund Rhöner Lebensmittel“) oder die Sicherung der örtlichen landwirtschaftlichen Berufsschule können städtische Unterstützung gut gebrauchen.