Gedenkstätte für die Opfer der Hexenverfolgung
Gedenkstätte für die Opfer der Hexenverfolgung
Auf dem alten Dompfarrlichen Friedhof am Frauenberg ist auf Initiative des Fördervereins Frauenzentrum e. V. in Kooperation mit dem Fuldaer Frauenbüro von 2008 bis 2017 eine Gedenkstätte für die Opfer der Hexenverfolgung in Fulda errichtet worden.
Zwischen 1600 und 1606 fielen im Hochstift Fulda weit über 200 Frauen der Hexenverfolgung zum Opfer. Dank der Nachforschungen und Veröffentlichungen der Heimatforscherin Ingrid Möller-Münch sind die Schicksaale dieser Frauen heute unvergessen.
Mehr zur Gedenkstätte und Einführung in das Thema durch das Frauenbüro Tel.: 0661 102-1040.
Hexenverfolgung in Fulda von 1600 bis 1606
Hexenverfolgungen ereigneten sich in der frühen Neuzeit nicht etwa im Mittelalter, wie häufig angenommen wird.
Es war allgemeiner Glaube, dass „Hexen“ durch die Hilfe des Teufels an allem Übel auf dieser Erde Schuld seien und nur durch ihre Vernichtung das Elend aus der Welt geschafft werden konnte.
Die Hexenverfolgungen begannen europaweit um das Jahr 1450 und dauerten in Deutschland bis zum Ende des 18.Jahrhunderts. Im Hochstift Fulda setzte die Hexenverfolgung verstärkt ein, als Fürstabt Balthasar von Dernbach seine zweite Amtszeit 1602 begann. Obwohl Konrad Landau noch amtierender Zentgraf in Fulda war, enthob ihn Dernbach seines Amtes und erklärte Balthasar Nuß zum Zentgrafen und Malefizmeister (Hexenrichter).
Von diesem war bekannt, dass er skrupellos, hinterhältig und brutal seinen Vorteil suchte. Der Fürstabt stattete ihn mit allen Vollmachten aus und so begann schon im Frühjahr 1603 eine intensive Verfolgung, der bis zum Jahr 1606 ca. 270 Frauen und drei Männer zum Opfer fielen. Die Beschuldigten wurden im Schlossturm gefangen gehalten nicht im Hexenturm, wie zu vermuten wäre. Mit besonders barbarischen Folterungen erreichte Nuß, dass die Inhaftierten andere unschuldige Frauen – selbst eigene Verwandte – denunzierten und die absurdesten Geständnisse ablegten, die dann zu ihrer Verbrennung auf dem Scheiterhaufen führten. Aus den Hinterbliebenen presste Nuß derart überhöhte Zahlungen heraus – für das Holz der Scheiterhaufen, für Verpflegung der Folterknechte und Schöffen –, dass viele in bittere Armut gerieten. Mehr als die Hälfte der eingetrieben Zahlungen ließ Nuß in seine eigene Tasche wandern, insgesamt 2358 Gulden. Zum Vergleich - das Jahresgehalt eines Bürgermeisters betrug damals 60 Gulden.
Diese Unterschlagungen wurden Nuß schließlich zum Verhängnis. Als Fürstabt v. Dernbach 1606 starb und Friedrich von Schwalbach sein Nachfolger wurde, fanden die Hinterbliebenen den Mut, Anzeige gegen Nuß zu erstatten. Der Hexenrichter wurde inhaftiert und nach langem Prozessieren 1618 enthauptet, nicht wegen seines grausamen Wütens gegen unschuldige Frauen und Männer sondern wegen der erwiesenen Unterschlagungen.
Autorin: Ingrid Möller-Münch
Quellen:
StadtAFd – Bestand XVI B ½: Beschreibung des Fuldischen Hexenproceß…, (1618)
StAM – Bestand 90a/836: Peinliche Untersuchung gegen Balthasar Nusser (Nuß)… (1605-1618)
StAM – Bestand 91/900: Prozess Balthasar Nuß (1606-1607)
Literatur:
Malkmus, Georg Joeph, Fuldaer Anekdotenbüchlein, Fulda 1875
Jäger, Berthold, …das recht und überaus grosse sengen und brennen…, Fulda 2006
Die Geschichte von Merga Bien
(geboren um 1565 in Fulda in der Löherstraße – gestorben im Herbst 1603 in Fulda)
Ihr Vater, von Beruf Löher (Gerber), gab seine Tochter schon sehr früh (mit 15/16 Jahren) dem alten Wilhelm Franck zur Frau. Die kurze Ehe blieb kinderlos. Mit Christopher Orth, dem zweiten Ehemann, hatte sie zwei Kinder, die kurz hintereinander starben – vermutlich an der Pest. Auch Orth wurde von der Pest dahingerafft.1588 heiratete sie Blasius Bien in dritter Ehe. Nach 10 Jahren im Schultheißen-Dienst bei den Herren von Schlitz kehrte er 1598 mit seiner Frau nach Fulda zurück.
Hier setzten 1603 die Hexenverfolgungen verstärkt ein, nachdem Fürstabt Balthasar von Dernbach den berüchtigten Balthasar Nuß zum Hexenrichter ernannt hatte. Schon am 19. Juni 1603 wurde sie gefangen genommen, weil andere inhaftierte Frauen sie unter der Folter denunziert hatten. Da das Gefängnis im Schlossturm überfüllt war, wurde sie in einen Hundestall gesperrt. Dagegen klagte ihr Ehemann vor dem Reichskammergericht in Speyer. Von dort kam das Urteil, dass Merga Bien wegen ihrer Schwangerschaft nach damals geltendem Recht (die Carolina) auf keinen Fall gefoltert werden durfte. Erst nach der Geburt des Kindes hätten Verhör und Folter fortgesetzt werden dürfen. Vermutlich wurde sie daraufhin für kurze Zeit freigelassen. Warum Bien sie nicht sofort in Sicherheit brachte, ist unbegreiflich. Denn schon am 4. August wurde sie von dem skrupellosen Hexenrichter Nuß abermals verhört. Sie wurde beschuldigt, ihren zweiten Ehemann und die beiden Kinder vergiftet, den Herren von Schlitz eine üble Krankheit angehext, den Tod der Kühe des Michelsrombacher Schultheißen verursacht und am Hexensabbat teilgenommen zu haben. Aber die alles entscheidende Anklage lautete, ihre Schwangerschaft könne nur das Werk des Teufels sein, denn 14 Jahre lang war ihre Ehe mit Blasius Bien kinderlos geblieben. Nach vielen Wochen Haft und Folter gab sie schließlich alle Anschuldigungen mit den Worten zu „ach Gott, so will ich es getan haben“ und wurde im Herbst 1603 auf dem Scheiterhaufen verbrannt – entweder am Hexenküppel gegenüber der Ochsenwiese oder am Centgericht nahe der Christuskirche, wie dem Jestädt-Kataster von 1727 zu entnehmen ist. Bien bezahlte für die Hinrichtung seiner Frau 91 ½ Gulden.
In der Löherstraße befindet sich eine bronzene Merga-Bien-Skulptur des Künstlers Rudi Neuland. Mit dem „Merga-Bien-Musical“ hat ihr der Verein Virtuoso ein musikalisches Denkmal gesetzt.
Autorin: Ingrid Möller-Münch
Quellen:
StAM : Bestand 255/ B 71 a) Protestschrift des Blasius Bien gegen das Fuldaer Zentgericht vor dem Reichskammergericht in Speyer (Juni 1603): b) Mandatum (Urteil) des Reichskammergerichts; c) Rechtfertigungsschrift des Hexenrichters Balthasar Nuß und seiner Schöffen und Beisitzer
Malkmus, Georg, Joseph, Ein Hexenrichter, in Fuldaer Anekdotenbüchlein, Fulda 1875
Zum Nachlesen: Möller-Münch, Ingrid, „…ach Gott, so will ich es gethan haben“, Das Leben der Merga Bien