Neu konzipierte Dauerausstellung Malerei
Einblicke in die Entwicklung der regionalen Kunst vom 19. Jahrhundert bis hinein in die Gegenwart bietet die neu konzipierte Dauerausstellung Malerei im Vonderau-Museum Fulda. Nach intensiver Recherche in den hauseigenen Sammlungsbeständen hat die Kunsthistorikerin Franziska Becker eine neue Auswahl an Bildern getroffen und sie zu einer geschmackvollen Präsentation zusammengestellt, die nun allen Kunstliebhabern offensteht. Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld machte sich in dieser Woche ein Bild von der Neukonzeption und zeigte sich von der getroffenen Auswahl beeindruckt: „Hier ist ein überzeugender Querschnitt der regionalen Kunst vom 19. Jahrhundert bis heute gelungen. Ich kann nur für einen Besuch in unserem Museum werben, nachdem die pandemiebedingte Schließung weitgehend aufgehoben wurde“, betonte der OB.
Eigentlich sollte die neukonzipierte Gemäldegalerie bereits im Dezember der Öffentlichkeit präsentiert werden, erklärte Museumsleiter Dr. Frank Verse. Interessierte konnten seither aber dennoch bereits einen ersten Eindruck von der Neugestaltung der Gemäldegalerie gewinnen. Denn auf seiner Homepage stellte das Museum einen virtuellen 3D-Rundgang durch das Haus bereit, bei dem auch die Abteilung Malerei angesteuert werden kann. „Wir wollten damit einen kleinen Vorgeschmack geben, aber natürlich ersetzt der virtuelle Besuch nicht das Live-Erlebnis vor Ort“, sagte Verse. Er freut sich, dass das Vonderau-Museum endlich wieder einen Überblick zur Malerei-Entwicklung in der Region bieten kann. „Neben bekannten Bildern sind auch zahlreiche Neuerwerbungen zu bestaunen, die bisher noch nie im Museum ausgestellt waren.“
Verantwortlich für die Auswahl der Bilder und ihre Präsentation ist Museumsmitarbeiterin Franziska Becker. Aus den hauseigenen Beständen hat die Kunsthistorikerin Gemälde ausgesucht, die beispielhaft für das Werk von Künstlerinnen und Künstler stehen, die aus Fulda und der Region stammen oder hier gewirkt haben. In der Stadt und ihrer näheren und weiteren Umgebung haben sie in ihrer unverwechselbaren Handschrift heimische Motive auf Papier, Pappe, Holz und Leinwand festgehalten. Zugleich zeugen ihre Bilder von den Einflüssen der Kunstströmungen ihrer Entstehungszeit, die in unterschiedlichen Facetten aufscheinen. „Meine Grundidee war, einen künstlerischen Übergang von den Malern des 19. Jahrhunderts bis hin zu den Künstlern des Jungen Kunstkreises (JuKu) zu schaffen“, erklärt Becker. „Dabei sollte der Fokus nicht mehr allzu stark auf den Rhönmalern und der Milseburg liegen, sondern mehr die Fuldaer Künstler mit Stadtmotiven in den Vordergrund rücken.“
Trotzdem kommen die Rhön und ihre Maler nicht zu kurz: Zahlreiche exquisite atmosphärische Landschaftsbilder, unter anderem von Julius von Kreyfelt (1863-1947), lenken nach wie vor den Blick auf das Land der offenen Fernen. Das Gros der Exponate aber lädt Fulda-Freunde zu anderen reizvollen Entdeckungen ein: Auf einer Tempera-Arbeit von Pedro Schmiegelow (1863-1943) zum Beispiel blickt der Betrachter vom damals noch dörflich anmutenden Horas hinauf zum Kalvarienberg mit seinem Steinbruch. Nikolaus Kleineberg (1868-1946) fängt auf kleinformatigen Arbeiten stimmungsvoll unter anderem eine Nachtlandschaft mit Dom und Frauenberg ein und hält auf einem Bild mit der Tränke ein typisches Motiv aus Alt-Fulda fest. Fritz Pfeiffers (1878-1953) Ölbild „Langebrücke am Dom“, das 1945 gegen Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden ist, zeigt die Brücke über die Fulda noch unmittelbar vor ihrer Zerstörung. Dasselbe Motiv wählte ein Jahr zuvor auch Fritz Wolf (1891-1961). Der besonders seiner Winterlandschaften wegen geschätzte Maler, oft auch als „Winter-Wolf“ bezeichnet, zeigt die Langebrücke im Schnee.
Auch der künstlerische Aufbruch nach dem Krieg wird in der Dauerausstellung anschaulich. Zahlreiche Arbeiten von Mitgliedern des Jungen Kunstkreises Fulda (JuKu) wie Karlfried Staubach (1925-1964), Alexander Deisenroth (1915-1996), Thomas Rücker (1934-2014) oder Verena Pfisterer (1941-2013) belegen eindrucksvoll die Hinwendung zu einem neuen Sehen und Erleben unter dem Einfluss der Nachkriegsmoderne, zeugen von der individuellen Suche nach einer neuen Form des Ausdrucks und dokumentieren die Reife von Künstlerpersönlichkeiten. Eindrucksvoll offenbart sich diese Entwicklung in den zwei nebeneinander gehängten Bildern in Öl auf Leinwand von Oswald Pejas (1921-2006): Zwischen „An der Tränke“ (um 1950) und „Horizontale Strukturen“ (1991) liegen mehr als vierzig Jahre voller schöpferischer Kraft, in denen Pejas sowohl Arbeiten schuf, die dem Gegenständlichen verpflichtet sind, als auch abstrakte Räume aus Farben und Formen.
Noch eine weitere Neuerung wartet auf die Besucherinnen und Besucher der Malerei-Abteilung. Beim Betreten der Dauerausstellung treffen sie an der linken Wand auf den Schriftzug „Neu im Museum“. Dort werden von nun an im Wechsel Gemälde oder Objekte gezeigt, die als Ankauf oder als Schenkung neu in den Museumsbestand aufgenommen wurden. „Diese Wand bietet die Möglichkeit zu zeigen, dass das Museum kontinuierlich Kunstobjekte erwirbt, um seine Sammlung zu erweitern. Auf diese Weise machen wir unsere Neuerwerbungen dem Publikum zugänglich“, erklärt Franziska Becker. Momentan befinden sich dort drei Sammlungsstücke, die dem Haus in den vergangenen Jahren von den „Freunden des Museums“ gestiftet wurden: Die Bilder „Passage“ (2015) von Jens Rausch und „Fall der Engel“ (2017) von Ulrike Kuborn aus ihrer Reihe „ephemer“ sowie die Kunstinstallation „Ich habe nachgedacht“ (2016) von Meike Dölp.
Ein Besuch des Museums ist derzeit nur nach vorheriger Terminvereinbarung unter Telefon (0661) 102-3212 möglich.