Inklusionspreis 2021 ging an Team des „Kathamobils“

Bei der Preisverleihung (von links): Bürgermeister Dag Wehner, Katharina Werthmüller, Annabell Glübert, Pia Neuburger und Erhard Glübert (es fehlt: Aaron Wehner). Foto: Stadt Fulda
Bürgermeister Dag Wehner (links) gratulierte auch den Zweitplatzierten vom Team RinkA (von links): Sarah Heinisch, Tanja Czarnowski (Antonius – gemeinsam Mensch), Mareike Remmel (Studentin Soziale Arbeit) und Dr. Jan Ries. Foto: Stadt Fulda
Laudator Stefan Mölleney Foto: Stadt Fulda
Bürgermeister Dag Wehner Foto: Stadt Fulda
Laudatorin Lea Widmer Foto: Stadt Fulda
Das Kathamobil vor dem Umbau - ein alter Handkarren zum Kartoffeltransport Foto: JDAV
Nach viel Umbauarbeit war das Kathamobil einsatzbereit. Foto: JDAV
In der Rhön musste das Kathamobil des ersten Härtetest bestehen
Nach den Erfahrungen im steileren Gelände an der Milseburg wurde eine zusätzliche Handbremse eingebaut. Foto: JDAV
Schließlich konnte das Abenteuer Allgäu mit dem Kathamobil starten. Foto: JDAV

Stadt Fulda würdigte besondere Ideen / Auch inklusives Podcast-Projekt der Hochschule Fulda ausgezeichnet

FULDA, 6. Oktober 2021: Für den „Mut, Grenzen zu verschieben“ ist der Nachwuchs der Sektion Fulda des Deutschen Alpenvereins (DAV) bei der Verleihung des Fuldaer Inklusionspreises 2021 mit dem ersten Platz und einem Preisgeld von 2000 Euro ausgezeichnet worden. Die sogenannte Jungmannschaft der DAV-Jugend hatte es einer körperbehinderten jungen Frau (Katharina Werthmüller) ermöglicht, mit Hilfe des selbstkonstruierten „Kathamobils“ die Berge selbst hautnah „erfahren“ zu können. Damit ging für die junge Frau, die mit all ihren Stärken und körperlichen Einschränkungen aktives Mitglied der Jungmannschaft ist, ein Traum in Erfüllung.

Insgesamt ist der in diesem Jahr zum zweiten Mal vergebene Inklusionspreis mit 3000 Euro dotiert, in diesem Jahr entschied sich die Jury, das Preisgeld unter zwei Preisträgern aufzuteilen: Neben dem Nachwuchs des DAV wurde auch das Projekt „Podklusion“ der Hochschule Fulda/regionales Innovationszentrum RIGL-Fulda mit einem Preisgeld (1000 Euro) bedacht. Bürgermeister und Sozialdezernent Dag Wehner betonte bei der Preisverleihung in der Aula der Alten Universität, dass es eine ganze Reihe sehr guter Bewerbungen gegeben habe, die alle eine besondere Würdigung verdient hätten (siehe Anhang). „Zwei Bewerbungen stachen aber in besonderem Maße durch Originalität und Innovation heraus und landeten deshalb auf den ersten Plätzen“, betonte Wehner.

In der Laudatio auf das Sieger-Projekt „No Limits für das Kathamobil“ betonte die Vorsitzende des Beirats der Menschen, Lea Widmer, die selbst Mitglied der Jury war: „Ich habe beim Alpenverein in den vergangenen Jahren eine wirklich erstaunliche Entwicklung in Sachen Inklusion beobachten dürfen - von anfänglicher Zurückhaltung zum mutigen Voranschreiten.“ Manchmal sei es wichtig, einfach mal zu machen statt lange zu fragen, so Widmer. Ihre Überzeugung: „Aus Wertschätzung entstehen Lösungen.“ Und ein herausragendes Beispiel für eine solche Lösung sei das „Kathamobil“. Hier habe eine Gruppe junger Menschen beispielshaft gezeigt, dass es mit persönlichem Engagement, Phantasie, Willenskraft, sozialem Miteinander und ohne Barrieren im Kopf möglich sei, äußere Barrieren zu überwinden und Träume Wirklichkeit werden zu lassen: „Wir vergeben den ersten Preis für den Mut, Grenzen zu verschieben“, sagte Widmer.

Annabell Glübert, die zum Team der DAV-Jungmannschaft gehört, dankte nicht nur ihrem Vater Erhart Glübert, der beim Umbau des alten Kartoffelkarrens zum innovativen Kathamobil fachmännisch mit Hand anlegte, sondern auch der „Pilotin“ selbst: „Sie musste sich auf uns einlassen und uns auf den steilen Wegen im Gebirge vertrauen, gleichzeitig musste sie immer die körperliche Balance halten. Katharinas Mut ist besonders in Abfahrten bemerkenswert, den Einsatz ihrer Bauchmuskeln hat Katharina während der Abfahrten zu Ihrer Spezialität gemacht – selbst bei Muskelkater im Bauch hat sie bei jeder Tagestour alles gegeben. Nur mit Ihrem Einsatz während unseres Abenteuers im Allgäu konnten wir so weit kommen“, sagte Glübert. 

Als zweiter Laudator des Abends würdigte Stefan Mölleney, Leiter des Amtes für Jugend, Familie und Senioren der Stadt Fulda, das Projekt „Podklusion“: Der Name steht für eine Verbindung von Podcast und Inklusion. Entstanden ist die Idee zu einem Podcast in leichter Sprache zu den Themen Bewegung, Sport und Gesundheit im Team von RinkA, das wiederum zum Regionalen Innovationszentrum Gesundheit und Lebensqualität Fulda (RIGL-Fulda) an der Hochschule Fulda gehört. Die 21 Podcasts seien ein wichtiger Beitrag zur digitalen Inklusion, so Mölleney, profitieren könnten davon sowohl Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung als auch Menschen mit Deutsch als Fremdsprache, aber genau auch Kinder, Ältere, Menschen mit Demenz oder Menschen mit Leseschwierigkeiten.

 

Weitere Bewerbungen, deren Engagement von Bürgermeister Wehner im Namen der Jury besonders gewürdigt wurde:

- Tanja Ziegler: Die junge Frau betreut seit fünf Jahren ehrenamtlich Freizeiten für Kinder mit und ohne Behinderung u.a. für die Stadt Fulda, seit zwei Jahren ist sie auch als Betreuerin für die inklusive Zirkusfreizeit der Stadt Fulda tätig. Das Besondere an ihr: Seit ihrem 9. Lebensjahr lebt sie mit einer schweren Nierenerkrankung. Mit ihrem Selbstverständnis im Umgang mit ihrer Behinderung nimmt sie Menschen in Ihrem Umfeld die Angst vor Ungewissheit und gefühlten Grenzen.

Hilda Wiens: Die Lehrerin an der Musikschule der Stadt Fulda betreut seit 1997 die 14-köpfige Keyboardgruppe der Lebenshilfe Fulda-Hünfeld. Die Gruppe wurde ins Leben gerufen, um Jugendliche und Erwachsene mit Handicap zum gemeinsamen Musizieren zu motivieren. Mit Sachverstand, Einfühlungsvermögen und Geduld führt Frau Wiens die Mitglieder mit ihren unterschiedlichen Begabungen in einem Orchester zusammen.

- Sidewalk – Streetwork-Projekt der Aidshilfe Fulda e.V. und der Selbsthilfegruppe Connection: Die Aidshilfe hat sich zusammen mit Selbsthilfegruppe Connection gefragt, wie Menschen in prekären Lebenssituationen unter den Gegebenheiten der Corona-Krise unterstützt und begleitet werden können. Daraus ist das Streetwork-Projekt entstanden, welches seit mehr als einem Jahr läuft. Jeden Montag von 8 bis 11.30 werden an einschlägigen Orten in Fulda (Bahnhof, Emaillierwerk, Fuldaaue, Jerusalemplatz) Menschen durch aufsuchende Arbeit unterstützt und begleitet. Kurz: schnelle und unbürokratische Hilfe in schwierigen Zeiten.

- Antons Meet & Eat: Das Bistro wurde von jungen Menschen mit und ohne Behinderung konzeptioniert und wird seit mehr als drei Jahren betrieben. Ziel ist es, jungen Menschen mit Behinderung einen echten Arbeitsplatz zu bieten und in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren sowie Begegnungen von beeinträchtigten jungen Menschen mit Gleichaltrigen schaffen. Während des Corona-Lockdowns wurde Bistro renoviert, aufgeräumt und die gelernten Tätigkeiten der einzelnen Kolleginnen und Kollegen intensiviert, damit sie diese nicht verlernen.

- Pestalozzischule Fulda - Förderschule für geistige Entwicklung: Die Schule wurde von der Mutter eines Schülers für den Preis vorgeschlagen wegen außerordentliches Engagement des Kollegiums für Kinder mit geistiger Beeinträchtigung während der Pandemie, insbesondere während der Notbetreuung. Persönliches Engagement einzelner Lehrkräfte und des Betreuungspersonals machte positive soziale Erlebnisse möglich, ließ den Kindern bestmögliche Lernförderung zugutekommen und verringerte die Teilhabebeeinträchtigung der Kinder. Ermöglicht wurden Unternehmungen wie etwa ein Ausflug zum Hof einer Lehrkraft mit Tierbegegnung oder ein Ausflug mit Schlitten.

- Fuldaer Tafel e.V.: Die Tafel hat während der Kontaktbeschränkungen durch die Corona-Pandemie die Lebensmittelausgabe den veränderten Bedingungen angepasst, um die Tafelkunden sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor einer Infektion zu schützen. So wurden zum Beispiel Außenstellen in Ziehers-Süd und am Aschenberg für ältere und gehbehinderte Menschen geschaffen. Auch ermöglichte die Tafel für ihre Kundinnen und Kunden ein niedrigschwelliges Impfangebot am Standort der Tafel.

- Antonius - gemeinsam Mensch: In dem kostenlosen Veranstaltungsformat der neuen Online-Kulturreihe „Gemeinsam Kultur erleben“ wurden Menschen mit und ohne Behinderung zusammengebracht. Es war eine digitale Alternative zu den fehlenden Veranstaltungsformaten, bei der Menschen sich trotz der Situation begegnen und Kultur erleben konnten. Durch Formate wie die „offene Bühne“ gab es die Möglichkeit für jeden, das Programm nicht nur wahrzunehmen, sondern aktiv mitzugestalten.