Alt-Bundespräsident Gauck erhält Winfriedpreis 2018

Von links: Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, Preisträger Alt-Bundespräsident Joachim Gauck, Bettina Langer (Tochter des Stifters Dr. Heinz G. Waider) und Laudator Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering.

Preisträger und Laudator Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering werben für die europäische Einheit und wenden sich gegen Retro-Politik

Zum 18. Mal wurde in diesem Jahr der Winfriedpreis der Stadt Fulda verliehen. Preisträger in diesem Jahr ist Alt-Bundespräsident Joachim Gauck, der die Auszeichnung gestern Abend im Fürstensaal des Stadtschlosses in Fulda aus den Händen von Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und Bettina Langer, Tochter des Stifters Dr. Heinz G. Waider, entgegennahm.

Der Oberbürgermeister begrüßte Joachim Gauck als „Botschafter der Freiheit“ und erinnerte an dessen letzten Besuch in Fulda im Jahr 2010. Damals habe man sich noch nicht vorstellen können, vor welche Zerreißproben der Glaube an ein vereintes Europa und das Bekenntnis zur Freiheit als eines der höchsten Güter in unserer Gesellschaft heute gestellt werden würden. „Es braucht in diesen Zeiten Persönlichkeiten, die sich klar zur Freiheit und zum Frieden bekennen“, sagte er.

Die Laudatio auf den Preisträger hielt Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlamentes. Mit Gauck habe die Stifterfamilie eine ausgezeichnete Wahl getroffen, denn er verkörpere genau die Werte, für die auch der Winfriedpreis stehe: Frieden, Freiheit, Völkerverständigung und europäische Einheit, betonte Pöttering. Insbesondere die Freiheit sei ein Leitmotiv in vielen Reden Joachim Gaucks gewesen, und dafür gebühre ihm Anerkennung und Dank. „Wir sollten die Freude darüber, dass wir heute in einem freien und geeinten Deutschland und Europa leben dürfen, nicht verlieren“, so Pöttering. Auch wenn die EU nicht immer alles richtig mache: „Wir leben im besseren Teil der Welt.“

Diese Freude kam auch in den Dankesworten des Preisträgers zum Ausdruck, der seine rund 400 Zuhörer daran erinnerte, dass er in seinem Leben deutlich länger Untertan als Bundespräsident war. „Die europäische Einigung war eine wunderbare Sache“, betonte Gauck, schob aber zugleich eine Mahnung hinterher: „Die Gestalter von Politik und Gesellschaft geben manchmal ein Schrittmaß vor, das große Mehrheiten der Wähler nicht mitgehen können.“ Es sei die Aufgabe von Europapolitikern, das, was sie tun, so zu erklären, dass große Teile der Bevölkerung sie verstehen.

Denjenigen, die eine Retro-Politik betreiben erteilte Gauck eine Absage, denn sie hätten keine Zukunftskonzepte: „Zurück zum Nationalstaat, das geht nicht in Zeiten der offenen Grenzen.“ Die Verwurzelung in der Heimat widerspreche nicht dem Glauben an die europäische Einigung. Mit Blick in die Zukunft machte der Winfriedpreisträger seinen Zuhörern in Fulda Mut: „Lassen Sie uns glauben, dass wir etwas gekonnt haben mit der europäischen Einigung – warum sollten das die kommenden Generationen nicht auch können?“

Hintergrund

Der „Winfriedpreis der Stadt Fulda“ wurde erstmals im Jahr 2001 verliehen für herausragende Verdienste für den Frieden, die Völkerverständigung und die Förderung des europäischen Gedankens. Stifter ist Dr. Heinz G. Waider, der 1926 in Fulda geboren wurde und 2015 in Neuss verstarb.

Er war aufgrund seiner Erlebnisse im 2. Weltkrieg der Überzeugung, dass sich Kriege nur verhindern lassen, wenn Menschen verschiedener Nationalitäten einander kennen lernen, sich respektieren und sich engagiert für die Völkerverständigung einsetzen. Der Name des Winfriedpreises ist eine Referenz an Fulda und das Wirken des Heiligen Bonifatius, genannt Winfried Bonifatius.